30.10.2024 - Studien
Die aufregendste Nachricht eines Neulings an der Frankfurter Börse flatterte Ende August über die Ticker: Da gab die Circus Group bekannt, mit Lukas Podolski einen Vorvertrag für die angestrebte Einführung von 2.400 autonomen Lebensmittel-Robotern in Deutschland und Europa vom kommenden Jahr an abgeschlossen zu haben.
„Prinz Poldi“ sollte als einer der prominentesten deutschen Fußballer der vergangenen 20 Jahre fast jedermann geläufig sein. Aber die Circus SE dürfte kaum jemand kennen. Dabei ist die Gruppe eines der wenigen frischen Gesichter auf dem deutschen Börsenparkett in diesem Jahr. Die Hamburger sehen sich als „führendes KI-Robotik-Unternehmen“ und sind mit Aktien seit Januar 2024 notiert. Nun steht eine Partnerschaft mit „Mangal x LP10“, der Dönerkette von Ex-Nationalspieler Podolski, an.
Circus ist als sogenanntes Direct-Listing an die Börse gegangen und damit kein echtes IPO (Initial Public Offering), bei dem Anleger Aktien hätten zeichnen können. Davon gab es dieses Jahr in Frankfurt erst drei1: die Parfümeriekette Douglas, der Rüstungshersteller Renk und die Mediengruppe Springer Nature; Old Economy also und dazu noch Wiedergänger – Douglas und Renk waren in der Vergangenheit bereits lange börsennotiert. Allen dreien ist gemein, dass sie kein Expansionskapital einwarben, sondern Gelder für ihre Hauptaktionäre aus der Private-Equity-Branche und um Schulden zu tilgen.
2024 wird Deutschland erneut ein Dürrejahr bei IPOs erleben, das nur homöopathisch den Kurszettel verändert. Dieser wird sogar kürzer. Denn den wenigen Neulingen stehen bis dato 20 Abgänge (Delistings) gegenüber.2 Wenig anders sieht es am Weltleitkapitalmarkt USA aus, wo trotz Rekordkursen bei Aktien ein unter dem Strich ebenfalls maues Jahr bei Börsengängen erwartet wird.3
Das hat Implikationen für Anleger, insbesondere vor dem Hintergrund der Diskussion um eine mögliche Blase bei US-Technologieaktien, die der zur Jahrtausendwende ähneln soll. Dabei wird übersehen, dass es erhebliche strukturelle Unterschiede zur Hausse von vor einem Vierteljahrhundert gibt.
Wie diese aussehen, und welche Schlüsse Aktien-Investoren daraus ziehen können, soll im Folgenden diskutiert werden.
Ein erster Befund: Lange vorbei sind die Zeiten als Massen an Unternehmen aufs Parkett stürmten und ein paar Abgänge nicht störten. In Deutschland etwa zählte die Frankfurter Börse allein in den Jahren 1998 bis 2000 laut Angaben des Datenanbieters Statista 396 Neuemissionen. Seither, bis in diesen Herbst hinein, waren es dann über knapp 24 Jahre insgesamt nur noch deren 215.
Nicht anders in den USA: Zwar liegen sowohl Anzahl als auch das eingenommene Kapital deutlich höher als hierzulande. Doch ist auch das gelobte Börsenland weit entfernt von früheren Höhenflügen. Selbst im Ausnahmejahr 2021 lag die Anzahl an IPOs unter der Hälfte des Top-Jahres 1996 (Abbildung 1).
2023 Jahr gingen dann selbst im Aktienmutterland USA nur noch 54 Börsengänge über die Bühne. Ausgenommen sind dabei jeweils unechte Börsengänge von beispielsweise geschlossenen Fonds und von sogenannten Spacs. Diese Special Purpose Acquisition Companies sind Mantelgesellschaften, die sich über einen Börsengang finanzieren, bevor sie ihr eigentliches Geschäft aufnehmen.
Spacs erlebten in der Corona-Zeit einen Boom und sind dafür verantwortlich, dass in den USA inzwischen mit zuletzt 4.642 auch wieder mehr Unternehmen gelistet sind als im Tief 2019 (Anzahl: 3.910). Das Hoch liegt jedoch lange zurück. 1996 zählte die US-Börse 8.090 gelistete Unternehmen. In Deutschland ging es von einem Spitzenwert von 761 börsennotierten Unternehmen zu Beginn der Finanzkrise 2007 herunter auf 429 (2022). Weltweit wuchs dagegen die Anzahl noch bis ins Jahr 2021 hinein (Abbildung 2).
Kapital sammeln Unternehmen zunehmend weniger an der Weltleitbörse USA (Sekundärmarkt) ein als am Primärmarkt: Bei jungen Firmen ist das der Markt für Risikokapital (Venture Capital). Dieser ist seit 2007 Jahr für Jahr dominant.
Zuvor übertrumpften Börsengänge regelmäßig Venture Capital als Finanzierungsquelle – mit Ausnahme der Zeit des Tech-Crashs, der im Jahr 2000 seinen Anfang nahm (Abbildung 3).
Gingen in den Neunzigerjahren des 20. Jahrhunderts im Durchschnitt noch mehr als die Hälfte aller Risikokapital-finanzierten US-Start-ups an die Börse, ist das seit dem 2000er-Crash der Technologieaktien regelmäßig bei weniger als einem Fünftel der Fall. Der mit weitem Abstand bevorzugte Exit ist seither ein Verkauf oder ein Zusammenschluss, zeigen Daten der US National Venture Capital Association (NVCA).
Venture Capital ist im Gegensatz zum Aktienmarkt eine elitäre Veranstaltung. Der Zugang ist schwierig, überdurchschnittlich risikobehaftet, mit hohen Gebühren versehen und nur mit den nötigen Millionen auf dem Konto möglich. Mit geringeren Summen ist es für Privatanleger unwahrscheinlich, an die wirklich interessanten Start-up-Finanzierungen zu kommen. Und viele institutionelle Investoren nehmen ebenfalls nicht teil: sei es, weil es ihrem Geschäftsmodell nicht entspricht oder aus regulatorischen Gründen.
Bleibt also die Börse selbst als Anlagefokus. Die steht auch an erster Stelle der börsennotierten Indexfonds (ETFs), die vielfach automatisch dem Markt und seinen (Schwer-) Gewichten folgen. Die Kombination aus stetig wachsenden ETF-Zuflüssen und mangelndem Zugang zu High-Tech-Start-ups treibt die etablierten US-Technologieaktien, während Neuemissionen in ihrer Performance stark zurückfallen (Abbildung 4).
Das lässt darauf schließen, dass Investoren unter den Börsenneulingen weniger interessante Geschäftsmodelle finden als bei bekannten Technologieunternehmen mit einem besser nachvollziehbaren, weil transparenteren track record.
2020 gab es zwar immerhin 165 IPOs und im Boomjahr 2021 sogar mehr als deren 300, Aufsehen erregten aber weniger Hightech-Firmen als ein Lieferdienst wie DoorDash oder die Vermieterplattform Airbnb.
Nennenswert aus dem Technologiesektor war 2020 vor allem Snowflake. Der 2012 gegründete Anbieter von Cloud-Datenlösungen ging mit einer Marktkapitalisierung von gleich 33,2 Milliarden Dollar an die Börse. Das hätte damals locker zu einem Platz in der oberen Hälfte des Deutschen Aktienindex (Dax) gereicht.
Das Doppelte, eine Bewertung von 66,5 Milliarden, erzielte das Elektrofahrzeug-Unternehmen Rivian im November 2021, das damals bereits zwölf Jahre alt war. Rivian erzielte vor drei Jahren trotz gewisser Unternehmensreife zwar noch kaum Erlöse, spielte nach Börsenkapitalisierung aber gleich aus dem Stand auf Augenhöhe von BMW oder Mercedes-Benz mit. Entsprechend viel Vorschusslorbeeren steckten im Preis.
Mancher mag bei prominenten IPOs an den Streamingdienst Netflix mit seiner vermeintlich eher noch jungen Erfolgsgeschichte denken: Dabei war der Börsengang der Kalifornier bereits im Jahr 2002, keine fünf Jahre nach der Unternehmensgründung. Netflix war damals gerade den Frühphasen einer Risikokapitalfinanzierung entwachsen und wurde auf der Suche nach Expansionskapital an der Börse fündig.
Netflix ist ein typisches Beispiel für einen enormen Wertzuwachs, den spekulative Anleger mit noch jungen Unternehmen erzielen können: Die Einnahmen zum IPO lagen bei 85 Millionen Dollar, der Börsenwert bei nur 300 Millionen Dollar, heute liegt die Marktkapitalisierung bei dem rund 1000-Fachen. Hier gilt wie bei allen erwähnten Unternehmen: Die vergangene Entwicklung sagt nichts über die Zukunftsaussichten der jeweiligen Aktie aus.
Ähnlich erfolgreich wie Netflix hätten in der Rückschau betrachtet vermutlich auch WhatsApp, YouTube oder LinkedIn sein können – doch sie wanderten in die Geschäftsportfolios von Facebook (heute Meta), Google (heute Alphabet) und Microsoft. YouTube kostete Google 1,65 Milliarden Dollar. Angesichts eines rasanten Wachstums – von 2010 bis heute ist der Umsatz um den Faktor 40 auf zuletzt 31,5 Milliarden Dollar (2023) gestiegen – könnte sich aktuell für YouTube ein Wert von 100 Milliarden Dollar oder mehr errechnen.
Davon profitiert logischerweise die Mutter Alphabet. Deren Marktkapitalisierung lag zum Zeitpunkt des Börsengangs vor rund 20 Jahren bereits bei 23 Milliarden Dollar. Zwar konnten Anleger aus 1.000 Dollar Einsatz zu ersten Börsenkursen bisher rund 78.000 Dollar machen, doch ist selbst eine solch exorbitant gute Entwicklung im Vergleich zu Kursentwicklungen von Unternehmen, die in der letzten großen Tech-Hausse an die Börse gegangen waren und sich erfolgreich entwickelten, vergleichsweise schwach.
Eine Performance von mehr als 19.000 Prozent, wie es Amazon seit den ersten Börsenkursen nach dem IPO von Mitte Mai 1997 bis heute hinlegte, ist für reifere Unternehmen, die bereits mit Marktkapitalisierungen im zweistelligen Milliardenbereich an die Börse gehen, kaum noch denkbar oder sie könnte sich nur bei einem extremen Wertverlust des Dollar einstellen. Auch bei Amazon gilt wie bei Alphabet, dass sich aus der vergangenen Kursentwicklung keine Rückschlüsse auf die zukünftige Performance schließen lassen.
Amazon war mit seinem Online-Buchhandel ein first mover, allerdings mit ungewissen Erfolgsaussichten. Und mit 438 Millionen Dollar Marktwert zum Börsengang war Amazon selbst zu damaligen Maßstäben ein Leichtgewicht. Meta (Facebook) etwa brachte zum Börsenstart im Mai 2012 rund 104 Milliarden Dollar auf die Waage. Würde Meta eine Performance wie Amazon schaffen, dann würde das Netzwerkunternehmen im Jahr 2039 an der Börse fast 200 Billionen Dollar wert sein. Das ist selbstverständlich eine rein theoretische Hochrechnung.
Was sich an prominenten Beispielen zeigt, das spiegelt auch der Durchschnitt wider. So sind die IPO-Einnahmen je Börsenneuling deutlich gestiegen: 1996 lagen sie bei durchschnittlich 621 Millionen Dollar, 2021 bei 3,84 Milliarden Dollar. Am Ende des ersten Börsentages waren die Neulinge 1996 im Durchschnitt mit knapp 3,2 Milliarden Dollar am Markt kapitalisiert, 2021, im einzigen IPO-Boomjahr seit 2000, mit 38,8 Milliarden Dollar. Das mag auch an inflationierten Bewertungen liegen, dürfte aber in erster Linie mit dem höheren Reifegrad der Unternehmen zu tun haben.
Viel niedriger verkaufen sich die jungen Unternehmen am Primarmärkt. 2023 gab es laut Angaben der NVCA 999 Exits aus US-Venture-Capital-Portfolien mit einem Wert von 61,5 Milliarden Dollar – durchschnittlich waren das 61,56 Millionen Dollar je Verkauf oder Zusammenschluss. Dies ist die niedrigste Anzahl und der weitaus geringste Gegenwert seit einem Jahrzehnt.
Start-ups wagen also immer weniger den Exit über die Börse, sondern verbleiben regelmäßig in den Portfolios der Alt-Investoren und werden dort vom üppig vorhandenen Risikokapital gepäppelt. Ende 2023 lag das noch nicht investierte US-Venture-Capital (dry powder) bei rekordhohen knapp 303 Milliarden Dollar.4
Bei Investoren beliebt sind KI-Technologien. Laut dem Venture-Capital-Datenspezialisten Preqin sind die Risikokapital-Anlagen im Technologiebereich seit 2014 um fast 500 Prozent in die Höhe geschnellt und erreichten im Dezember 2023 einen Wert von 1,7 Billionen Dollar. Das waren 64 Prozent des gesamten VC-Vermögens.
Reifere Unternehmen wiederum wandern in die Portfolios von Private Equity. Hier hat Preqin in den vergangenen zehn Jahren ein annähernd verdoppeltes Volumen bei Buy-outs von Technologieunternehmen erfasst.
Dazu kommen die tiefen Taschen von Alphabet, Apple, Meta oder Microsoft, die in diesen Summen nicht enthalten sind. Der von Bill Gates gegründete Software-Riese hält beispielsweise 49 Prozent an OpenAI und hat 13,75 Milliarden Dollar in das KI-Unternehmen investiert.5
Zwar ist OpenAI mit seinem ChatGPT erst seit kurzem der breiten Öffentlichkeit bekannt, wurde aber bereits 2015 gegründet. Mit 6,6 Milliarden Dollar sammelte OpenAI gerade in einer Investorenrunde das fast 80-fache an Kapital ein, das etwa Netflix zum IPO erhielt.
Das ChatGPT-Unternehmen ist nun mit bereits 157 Milliarden Dollar bewertet. Wäre OpenAI mit diesem Wert börsennotiert, dann würde das Unternehmen aus dem Stand zu den 80 schwersten Aktien weltweit zählen.
Zum IPO war die von Jeff Bezos gegründete Amazon ein noch keine drei Jahre altes Start-up mit entsprechend hohen Risiken. Ginge OpenAI heute an die Börse, wäre das Pleiterisiko überschaubarer als seinerzeit bei Amazon, bei Ebay oder einst bei Yahoo, die sich mit zahlreicher Konkurrenz im Internet und um das begehrte Börsenkapital schlagen mussten. Allerdings wäre bei OpenAI eben auch schon viel Zukunft im Kurs eingepreist. Dieses Jahr sollen bei einem Umsatz von 3,7 Milliarden Dollar Verluste von rund 5,0 Milliarden Dollar anfallen.6
Amazon wiederum unterstützt aktuell gemeinsam mit dem Chip-Hersteller Nvidia das Start-up Perplexity AI. Der geschätzte Jahresumsatz des KI-Unternehmen soll derzeit bei etwa 50 Millionen Dollar liegen. In Finanzierungsgesprächen will Perplexity seine Bewertung auf acht Milliarden Dollar mehr als verdoppeln und dabei 500 Millionen Dollar an frischem Kapital erhalten.7 Zum Vergleich: Der Modehändler Zalando, ein Dax-Konzern, ist aktuell an der Börse ebenfalls rund acht Milliarden Dollar wert.
Nur selten widerstehen Tech-Unternehmen noch dem Ruf der Top-Konzerne und präferieren die Börse. So wollte Alphabet im vergangenen Sommer das Cypersecurity-Unternehmen Wiz für 23 Milliarden Dollar kaufen, was dem mehr als 60-fachen Umsatz des Unternehmens entsprochen hätte. Doch das 2020 gegründete Start-up zieht einen Börsengang vor.8
Weniger Neuemissionen, dazu ein sich aufgrund von starken Übernahme- und Fusionsaktivitäten ausdünnender Kurszettel, führen in logischer Konsequenz zu einer stärken Konzentration am Aktienmarkt. So machen die zehn am höchsten gewichteten Aktien am US-Markt derzeit ein Drittel am gesamten US-Aktienmarkt aus (Abbildung 5).
Im S&P 500 Information Technology Sector machen Apple, Microsoft und Nvidia zusammen derzeit rund 60 Prozent Gewicht aus, was selbstredend eine enorme Konzentration ist.
Seit 2006 hätten Anleger pro Jahr durchschnittlich drei Prozentpunkte mehr mit den TopTen aus dem S&P 500 erzielt als mit dem S&P 500 selbst. Dabei ist diese durchschnittliche Überperformance in erster Linie auf die vergangenen Jahre zurückzuführen. In der Mehrzahl der Jahre schnitt der S&P 500 besser als die TopTen ab (Abbildung 6).
Im sehr schwachen Börsenjahr 2022 hätten Anleger mit den TopTen einen Verlust zum Jahresende von gut 35 Prozent aushalten müssen, im S&P 500 selbst deutlich überschaubarere gut 19 Prozent.
Die starken Kurszuwächse seit der kurzen Baisse 2022 haben auch die Schwergewichte weltweit nun auf zuvor ungekannte Marktkapitalisierungen gehoben. Angeführt wird das Tableau von fünf der sogenannten Magnificent-7 (Tabelle 1).
Aus den aktuellen Magnificent-7 schafft es einzig der E-Autobauer Tesla nicht (mehr) unter die Welt-Schwergewichte.
Im Vergleich zum Höchststand der Technologieblase im Frühjahr 2000 gibt es Auffälligkeiten: Nur noch zwei nicht-US-Unternehmen schaffen den Sprung, zudem sind aktuell sieben der zehn Weltschwergewichte dem Technologiesektor zuordnen. 2000 dominierte die Telekommunikation, nur die Hälfte der Aktien stammte damals aus den USA.
Mit Microsoft taucht aktuell nur ein Unternehmen erneut in den TopTen der weltweit schwersten Aktien auf. Daneben konnte aus den ehemaligen TopTen über gut 24 Jahre nur noch Exxon Mobil an Wert zulegen, die Kurse aller anderen Aktien verloren teilweise stark. Das spiegelt den stetigen Wandel der Wirtschaft und damit der Börse wider. Auch hier gilt jeweils, dass sich daraus keine Rückschlüsse über die künftige Wertentwicklung der einzelnen Aktien ziehen lassen.
Obwohl im Frühjahr 2000 sowohl die Streuung nach Branchen als auch nach Ländern bei den Welt-TopTen größer war als heutzutage, lagen die Bewertungen gemessen an den Kursen zum freien Cashflow und den geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnissen deutlich höher. Derselbe Befund zeigt sich auch bei den heutigen und damaligen Magnificent-7 (Abbildung 7).
Nun sagt eine niedrigere Bewertung im Vergleich zur 2000er Techhausse wenig über die zukünftige Wertentwicklung aus. Diese ist unbekannt. Allerdings gibt es gute Gründe anzunehmen, dass die kapitalsparenden Technologieunternehmen ihre Führungsrolle an der Börse nicht so schnell verlieren werden.9
Und weil die Bewertungen zwar hoch, aber nicht so luftig wie im Frühjahr 2000 sind, gibt es eine gute Wahrscheinlichkeit, dass nie auszuschließende Rückschläge nicht so heftig ausfallen könnten wie damals. Der technologielastige Nasdaq-Index verlor seinerzeit bis zu 78 Prozent.
Das hohe Gewicht weniger Aktien an den Börsen ist auch darauf zurückzuführen, dass zukunftsträchtige Start-ups kein IPO mehr wagen, Venture Capital ihre Hauptfinanzierungsquelle ist, sie sich im Trend von den bereits etablierten, führenden börsennotierten Unternehmen aufkaufen lassen und im günstigen Fall sich dort positiv entfalten. Davon profitieren zunächst die Risikokapital-Investoren, später die Aktionäre der aufkaufenden Unternehmen.
Die Anzahl an börsennotierten Unternehmen ist in allen wichtigen Märkten und vor allem in den USA im Trend stark rückläufig, was die Konzentration fördert. Zwangsläufig verteilt sich das wachsende im Markt anzulegende Kapital beispielsweise bei ETFs auf eine geringere Auswahl an Unternehmen. Gleichzeitig steigt die Private-Capital-Branche auf. Marc Rowan, Chef von Apollo Global Management ist sich sicher: „At the end of the day private [markets] will win over public [markets]. That doesn’t mean replace public, it just grows faster. Private will win over banks.”10
Auch wenn die Zukunft ungewiss bleibt, gibt es insgesamt deutliche Hinweise darauf, dass mangels Auswahl und aufgrund der hohen Investitionen in Unternehmen abseits von IPOs es zu keinem extremen Absturz der Technologie-Aktien wie noch vor knapp einem Vierteljahrhundert kommen wird. Dazu könnte auch beitragen, dass ein zunehmender Anteil von Unternehmenskapital abseits des Marktes „privat“ gehalten wird.
1 dazu kommt die Pentixapharm Holding, eine Abspaltung der bereits börsennotierten Eckert & Ziegler
2 https://www.datawrapper.de/_/PF5iQ/
3 https://news.crunchbase.com/public/ipo-market-activity-2024-valuation-reset/
4 https://files.pitchbook.com/website/files/pdf/Q4_2023_PitchBook-NVCA_Venture_Monitor.pdf
5 https://www.wsj.com/tech/ai/the-14-billion-question-dividing-openai-and-microsoft-71cf7d37
10 https://www.ft.com/content/3191e867-1ee7-4b24-b2e9-8792619b6c21
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